Nach zwei Jahren Unterbruch kehrte Weltklasse Zürich am Mittwochabend für ein «Fest der technischen Disziplinen» zurück auf den Sechseläutenplatz. 7’000 frenetische Fans feierten allen voran Simon Ehammer, der im Weitsprung seinen zweiten Diamanten gewann, und Nicola Olyslagers, die im besten Hochsprung-Wettkampf des Jahres einen Ozeanienrekord aufstellte.
Um 18.52 Uhr war es so weit, alles passte zusammen: Publikum, Wind, Anlauf, Absprung, Flugphase und Landung liessen Simon Ehammer zur Flugshow ansetzen. Das Resultat: Erstmals überhaupt gelang dem Appenzeller bei Weltklasse Zürich ein 8-m-Auftritt. Die magische Weitsprung-Marke übertraf er deutlich und landete bei 8,32 m. Damit gelang der Sprung ins grosse Glück. Nicht nur für den eigentlichen Mehrkämpfer selbst, der zum zweiten Mal nach 2023 einen Gesamtsieg in der Wanda Diamond League einfuhr. Auch stellt das Resultat eine langersehnte Premiere bei Weltklasse Zürich dar. Nie zuvor hatte ein Schweizer Star in der Limmatstadt einen Tagessieg in der seit 2010 existierenden Diamond League errungen.
Das wusste das Publikum entsprechend zu würdigen und tränkte den Sieger jubelnd in ein Fahnenmeer. Nicht umsonst sprach der frischgebackene Sieger von einem besonders schönen Moment. «Vor dieser Kulisse konnte ich meine bisherigen Auftritte bei Weltklasse Zürich gut ausblenden.» Zudem habe er das Pech vergangener Meetings gerne in Kauf genommen, um bei einem solchen Anlass auch einmal vom Wettkampfglück profitieren zu dürfen.
Für den Überflieger wird die Luft dünner
Anlage mit einem «Schnuppersprung» kennenlernen, Höhen auslassen und dann ohne Fehl und Tadel aus dem Weg räumen. So kennt man Mondo Duplantis’ Auftritte – eigentlich. Nach und nach aber scheint dem 13-fachen Weltrekordler mit Emmanouil Karalis (GRE) ein Konkurrent unangenehm nahe zu kommen. Beide überquerten erfolgreich 6,00 m, Duplantis im ersten, Karalis im zweiten Versuch. Die gewohnte Souveränität liess der Schwede auf 6,10 m für einmal vermissen, produzierte ebenso drei Fehlversuche wie sein hellenischer Herausforderer. Ob dies die Vorboten eines hochspannenden Wettkampfs bei den anstehenden Weltmeisterschaften ist? Das Podest komplettierte Sam Kendricks (USA).
Die US-Nummer vier ist die Nummer eins der Wanda Diamond League
Kugelstösser Joe Kovacs münzte seine guten Erinnerungen an den Sechseläutenplatz in einen weiteren grossen Sieg um. Bereits 2022 hatte er hier gewonnen – damals mit einem Stoss, der noch heute seine Bestmarke darstellt und mit dem er unverändert der zweitbeste Athlet aller Zeiten ist: 23,23 m. Mit 22,46 m sicherte sich der US-Amerikaner mit ungarischen Wurzeln seinen insgesamt vierten Diamanten. Obwohl an den US-Trials zuletzt «nur» Vierter und damit bei der WM in Tokio voraussichtlich nicht am Start, ist er in der weltbesten Wettkampfserie in diesem Jahr die Nummer eins.
Hochsprung Frauen: Down Under ganz oben
Es war das erwartete Duell um Zürichs Lufthoheit: Yaroslava Mahuchikh gegen Nicola Olyslagers – mit einer unerwarteten Siegerin. Denn anders als bei Olympia 2021 und 2024 war es nicht Mahuchikh, die obenaus schwang, sondern die zweifache Silbergewinnerin Olyslagers. Die ukrainische Weltrekordhalterin und die australische Hallen-Weltmeisterin boten sich einen Wettkampf auf allerhöchstem Niveau. Bis auf 2,02 m nahmen beide sämtliche Höhen im ersten Versuch, doch dann zeigte Mahuchikh Nerven. Zwar liess sie sich eine persönliche Saisonbestleistung (2,02 m) notieren, aber die 2,06 m bedeuteten für die dreifache Finalsiegerin Endstation.
Kurz zuvor war Olyslagers in ihrer «zweiten Heimat» so hochgestiegen wie noch keine Frau in diesem Jahr – und überhaupt noch keine aus «Down Under»: 2,04 m. Landesrekord, Ozeanienrekord, veredelt mit dem ersten Diamanten. Von der elektrisierenden Atmosphäre gleichermassen beflügeln liess sich die drittplatzierte Morgan Lake (GBR). Die frühere U20-Weltmeisterin im Siebenkampf und Hochsprung übertraf als erste Britin die magische 2-m-Marke.
Stabhochsprung Frauen: US-Sweep in Downtown Zurich
Bereits am Nachmittag über die Bühne gegangen war der Stabhochsprung-Final der Frauen. Katie Moon, die Olympiasiegerin von 2021 und WM-Titelverteidigerin, war die einzige, welche die 4,82 m meisterte. «Das Publikum gab mir die Extraenergie, die ich benötigte», bedankte sich die erstmalige Weltklasse Zürich-Siegerin nach dem Gewinn ihrer zweiten Diamond Trophy (in Eugene 2023).
Moons Landsfrauen Sandi Morris und Emily Groove (beide 4,75 m) machten den US-Sweep in Downtown Zurich perfekt. «Best of the Rest» wurde Lokalmatadorin Angelica Moser vom LC Zürich, die mit der S-Bahn von zu Hause angereist war. Noch nicht ganz erholt von den Schweizer Meisterschaften, wo sie 4,80 m überwunden hatte, musste sich die Europameisterin in Zürich mit 4,65 m und – wie im Vorjahr – mit Platz 4 begnügen.