Ein vierstündiges Leichtathletik-Feuerwerk, ein bebendes Stadion, Einheimische in Rekordlaune. Das ist Weltklasse Zürich. Audrey Werro, erste Championne in der Wanda Diamond League ihres Landes, sowie Femke Bol (NED/400 m Hürden) und Salwa Eid Naser (BRN/400 m) mit Meetingrekorden werden den Fans in bester Erinnerung bleiben.
800 m: Audrey Werro beerbt André Bucher
Nach ihrem Auftritt an den Schweizer Meisterschaften am Wochenende zuvor waren, die Augen erst recht auf sie gerichtet: Audrey Werro. Mit der Steigerung ihres Schweizer Rekords auf 1:56,29 Minuten hatte sie sich zu einer Favoritin in der Wanda Diamond League-Entscheidung gemausert. Und sie weckte nostalgische Erinnerungen an vergangene Tage. Würde diese erst 21-jährige Freiburgerin das Stadion Letzigrund tatsächlich in Ekstase versetzen können, wie es ihr Disziplinkollege André Bucher 24 Jahre zuvor getan hatte?
Sie konnte! Bei unerwartet idealen Laufbedingungen – trockene Bahn, angenehme Temperatur, kaum Wind – war es die U23-Europameisterin, die sich nach der Startkurve bestimmt, aber ohne Hast direkt hinter der Pacemakerin positionierte. Eine perfekte Ausgangslage, um ein schnelles Rennen frei von Hektik laufen zu können, welche das Schweizer Laufjuwel nicht mehr preisgeben sollte. Mit ihren charakteristischen, raumgreifenden Schritten, einer Gazelle gleich, näherte sie sich der Ziellinie, wehrte auf den letzten Metern noch einen Angriff Georgia Hunter Bells ab und verwies die Britin auf Platz zwei. Das Stadion, längst ein Tollhaus, trug sie regelrecht zum grössten Triumph ihrer Karriere. Audrey Werro ist die erste Schweizerin, die sich eine Diamond Trophy sicherte. Und ja, sie sorgte für den ersten einheimischen Sieg in einer Diamond League-Entscheidung beziehungsweise in deren Vorgängerinnenserie Golden League seit… André Bucher 2001.
Kein Wunder war der neue Star am Schweizer Leichtathletik-Himmel das Thema des Abends. Kein Wunder, sprach auch sie selbst von Magie, von Grossartigkeit, von Verrücktheit. «Das Publikum gab mir so viel Energie, es war so laut und hat mich so ermutigt», sprudelte es aus ihr. «Vor zehn Tagen war der Schweizer Rekord noch bei 1:57, nun bei 1:55. Das ist unglaublich!» Und keck schielte Werro bereits in Richtung Weltmeisterschaften: «Nun ist Hoffen erlaubt.»

400 m/400 m Hürden: Bol gewohnt sicher, Eid Naser läuft Paulino den Rang ab
Weltklasse Zürich sah am Donnerstagabend zwei Meetingrekorde, beide über eine Stadionrunde. Für Femke Bol, niederländische Seriensiegerin über 400 m Hürden, spielte nach verhaltenem Start ihre Stärke auf der Zielgeraden, wenn das Laktat in die Beine schiesst und sie schwer werden, voll aus. Beim Gewinn ihrer fünften Diamond Trophy verbesserte sie ihren Meetingrekord von 52,80 auf 52,18 Sekunden.
Nach verhaltenem Start warteten die Fans auf ein Zielgeraden-Feuerwerk der Olympiasiegerin und Wanda Diamond League Champion der letzten drei Jahre, Marileidy Paulino (DOM) – vergebens. Nach zweijähriger Ungeschlagenheit musste sie sich der Bahrainer Weltmeisterin von 2019 beugen. Salwa Eid Naser lief im Zürcher Oval so schnell wie nie eine Frau vor ihr: Mit 48,70 Sekunden löschte sie den Uralt-Meetingrekord von Jarmila Kratochvilová (TCH) von 1982 aus. Paulino lief in 49,23 ein.

100 m Hürden: Ackera Nugent schnappt die Trophäe, Kambundji entzückt die Fans
In einem Rennen mit ansonsten engen Abständen warf sich Ackera Nugent deutlich als Erste über die Ziellinie. Mit dem Gewinn der Diamond Trophy feierte die Jamaikanerin den grössten Erfolg ihrer Karriere und brachte sich damit auch in eine vorzügliche Ausgangslage für die WM in Tokio im September.
Zu ihrer eigenen Freude und erst recht derjenigen des Publikums mischte Ditaji Kambundji munter um den Gesamtsieg in der prestigeträchtigsten Leichtathletik-Serie mit. Bis kurz vor dem Ziel gleichauf mit einer Handvoll Athletinnen, liess sich die Bernerin von den Fans auf Rang zwei ins Ziel und zum Schweizer Rekord tragen. Mit 12,40 Sekunden stellte sie ihre Bestmarke – den Schweizer Rekord – von 2024 ein. Grund genug, um sich von den Fans feiern zu lassen und mit gutem Gefühl nach Tokio zu blicken. «Ich bin so zufrieden mit diesem Resultat, auch wenn ich an der letzten Hürde eine noch bessere Zeit vergab», so «Didi». Vor Heimpublikum zu laufen, habe ihr eine Extraportion Selbstvertrauen verliehen.

Diskus: Über die Sonnenstube der Schweiz in den Letzigrund zum Diamanten
In der Wanda Diamond League entwickelte sich Diskuswerferin Valarie Allman in den letzten Jahren zur «woman to beat». Als Seriensiegerin – in ihrer persönlichen Sammlung stehen die Trophies von 2021 bis 2024 – trat die US-Amerikanerin an, um ihren fünften Diamanten zu ergattern. Keine leichte Aufgabe angesichts der hochdekorierten Konkurrenz. Auch eine ideale Vorbereitung auf Weltklasse Zürich und den WM-Saisonabschluss, unter anderem im Stadio Comunale in Bellinzona, liess Allman ihre Nervosität nicht komplett ausblenden. «Ich versuche jeweils, von Wettkampf zu Wettkampf zu denken, um die gesamte Saison nicht als grosser, schwer zu überwindender Gipfel zu empfinden». Trotzdem habe sie gespürt, dass der Wettkampf ihr heute richtig wichtig ist. «Deshalb bin ich auch sehr stolz, dass ich geliefert habe.» Geliefert hat sie einen Wurf auf 69,18 m, womit ihr die beste Leistung des Tages gelang.

100 m: Lucianer Volksheldin ist Sprintkönigin im Letzigrund
Spätestens nachdem Julian Alfred einen Auftritt im SRF-Sportpanorama, der Sportsendung mit Hochkonjunktur in Schweizer Wohnzimmern sonntagabends, hatte, ist sie hierzulande auch einem breiten Publikum ein Begriff. Das ist aber nichts im Vergleich zu ihrer Popularität in ihrer Heimat Saint Lucia. Die 180’000 Einwohner des karibischen Inselstaats vergöttern sie, seit sie vergangenes Jahr zu Olympiagold stürmte. Einen ähnlichen Sturmlauf gelang ihr auch auf der «piste magique». Mit 10,75 Sekunden verteidigte sie ihre Diamond Trophy aus dem Vorjahr erfolgreich und dürfte ihre Landsleute damit einmal mehr in Feierlaune versetzt haben.

Das sind die 16 Wanda Diamond League Champions 2025 (Frauen)
100 m: Julien Alfred (LCA) 10,76
200 m: Brittany Brown (USA) 22,13
400 m: Salwa Eid Naser (BRN) 48,70 (MR)
800 m: Audrey Werro (SUI) 1:55,91
1500 m: Nelly Chepchirchir (KEN) 3:56,99
3000 m: Belayneh Fantaye (ETH) 8:40,56
100 m Hürden: Ackera Nugent (JAM) 12,30
400 m Hürden: Femke Bol (NED) 52,18 (MR)
3000 m Steeple: Faith Cherotich (KEN) 8:57,24
Hoch (Sechseläutenplatz): Nicola Olyslagers (AUS) 2,04 m
Stab (Sechseläutenplatz): Katie Moon (USA) 4,82 m
Weit: Larissa Iapichino (ITA) 6,93
Drei: Leyanis Pérez Hernández (CUB) 14,91 m
Kugel (Sechseläutenplatz): Jessica Schilder (NED) 20,26 m
Diskus: Valarie Allman (USA) 69,18 m
Speer: Elina Tzengko (GRE) 64,57